Winter-Linde – Baum des Jahres 2016
Er ist stattlich, schön und duftet herrlich: der Baum des Jahres 2016.
Es ist die Winter-Linde, ein häufig in unseren Städten und Dörfern vorkommender robuster Baum. Sie ist die kleinere Schwester der Sommer-Linde, kann bis zu 30 m hoch werden und gehört zur Familie der Malvengewächse.Ursprünglich kam die Winter-Linde aus dem östlichen Europa. Sie breitete sich über weite Teile Europas westwärts bis nach Skandinavien, England, Nordostspanien und zum Atlantik aus.
Linden, sowohl Winter- als auch Sommer-Linden, findet man noch heute häufig an besonderen Stellen in der Landschaft oder in der Mitte der Dörfer und Städte. Sie prägen dadurch das Landschaftsbild und bildeten den Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Dorflebens. Seit jeher waren Linden ein beliebter Treffpunkt und Versammlungsort. Hier sprach man Recht, hielt Rat oder vergnügte sich gemeinsam. Dorf-, Tanz- und Gerichtslinden sind heute häufig als Naturdenkmale geschützt. Ein Grund ist ihr oft sehr hohes Alter von mehreren Hundert Jahren. Linden können wohl bis 1000 Jahre alt werden, wobei dieses extrem hohe Alter bei den meisten ausgewiesenen 1000jährigen Linden wohl eher anzuzweifeln ist.
Freistehend wachsen Winter-Linden zu sehr beeindruckenden Bäumen heran, die durch dicke Knollen am Stamm auffallen. Die Blätter sind herzförmig geformt. Dieser Aspekt findet sich in ihrem wissenschaftlichen Namen wieder: Tilia (tilos = Faser) cordata (cordatus = herzförmig). Von der größeren und anspruchsvolleren Sommer-Linde kann man sie unter anderem anhand der Blattunterseite und der Früchte gut unterscheiden. Sie blüht ziemlich spät im Jahr (Juni – Juli) und ist in dieser Zeit ein wichtiger Nektarspender für eine Vielzahl von Insekten.
Ohne Laub erkennt man, dass es sich bei der Schäferlinde eigentlich um 2 dicht nebeneinander stehende Bäume handelt. Weit
ausladende Äste verschaffen Schafherden heute noch ein Schattenplätzchen.
Ihr weiches Holz war und ist bei Holzbildhauern und –schnitzern sehr beliebt. Viele berühmte Altäre oder Heiligenstatuen wurden aus dem hellen Lindenholz gefertigt. Es liefert in Form von Holzkohle gute Qualitäten für Zeichenkohle. Auch als Heilpflanze ist die Linde allgemein bekannt. Die im Juni gesammelten Lindenblüten sind als Teeaufguss ein altes Hausmittel bei Erkältungen und Fieber. Weniger bekannt ist, dass die Linde einst eine Faserpflanze war. Bis in das 20. Jahrhundert hinein gewann man aus den Stämmen Bast z. B. zum Aufbinden von Pflanzen. Lindenbastfasern wurden auch für Seile, Schnüre, Wäscheleinen oder zur Herstellung von Schuhen verwendet. Der volkstümliche Name „Bastbaum“ (griechisch „tilos“ = Faser) erinnert noch daran. Aus den Samen gewann man in Notzeiten Mehlersatz. Die Blätter wurden als Stalleinstreu und Futter für die Tiere genutzt. Auch für den Menschen sind sie genießbar.
Es gibt unzählige Sagen, Mythen, Geschichten und Lieder über den vielseitigen und sympathischen Lindenbaum. Die Kelten pflanzten Winter-Linden als Hain um ihre heiligen Kultstätten. Die Germanen verehrten die Sommer-Linde als Symbol der Göttin Freya. Sie galt als Sinnbild für Fruchtbarkeit, Mütterlichkeit und Güte.
Eine Besonderheit ist, dass Linden selbst in sehr hohem Alter erstaunlich vital sind. Sie sind in der Lage, im Innern des hohlen Stammes immer wieder neue Wurzeln zu bilden, die den Baum mit Wasser und Nahrung versorgen. So verjüngen sich sozusagen von innen heraus. Ihre Eigenschaft zu immer wieder neuem Austrieb bewährte sich vor allem in der früher weit verbreiteten Nieder- oder Mittelwaldbewirtschaftung, bei der Bäume regelmäßig beschnitten wurden. Heute ist die Winter-Linde forstwirtschaftlich eher unbedeutend. Sie spielt in Laubmischwäldern auf besseren Standorten eine wichtige Rolle. Als Pionierbaum schätzt man sie auf Steinschutthalden zur Befestigung des Bodens und gegen Steinschlag
Literatur:
Scherf, Gertrud: Alte Nutzpflanzen wieder entdeckt. BLV München 2008
Aichele/Schwegler: Welcher Baum ist das? Kosmos Naturführer
Krüssmann, Gerd: Die Bäume Europas. Parey Verlag
http://www.natur-lexikon.com
http://www.uni-goettingen.de/de/41688.html
http://www.waldwissen.net