Gedanken zum Baum des Jahres 2017
Zum Baum des Jahres wurde in diesem Jahr die Fichte (Picea abies) gewählt. Sie ist den meisten von uns wohlbekannt, allgegenwärtig und wird auch Rottanne genannt. Diese Nadelbaumart polarisiert wie kein anderer Baum. Großflächig dominieren Fichtenforste unsere Landschaft, als Bauholz ist es oft unersetzbar. Mit der Artenvielfalt sieht es dagegen in den dunklen Fichtenforsten sehr bescheiden aus. Ganz anders präsentieren sich dagegen Fichtenwälder, wie sie in den Höhenlagen des Harzes die natürliche Vegetation darstellen. Uwe Wegener, hat seine Gedanken zu dem "Brotbaum" der Forstwirtschaft für uns aufgeschrieben.
Die Fichte (Picea abies) der Baum des Jahres 2017
Uwe Wegener
Warum wurde gerade die Fichte der Baum des Jahres 2017, wir finden sie doch fast überall?
Dennoch ist sie besonders während der letzten drei Jahrzehnte durch den Klimawandel, Stürme und Sommertrockenheit gefährdet.
Die Fichte gehört zum Harz und war über Jahrhunderte der Brotbaum des Gebirges. Ohne die Fichte wäre der Bergbau in diesem Umfang im Harz nicht möglich gewesen und in der Tat steckte Untertage nicht selten mehr Fichtenholz, als über Tage noch wuchs. Denn der Bergbau hinterließ im 17. und 18. Jahrhundert eine devastierte Landschaft, dazu trugen nicht zuletzt die vielen Ziegen, Schafe und Kühe der Bergleute bei. Mit der Verknappung des Meilerholzes entstand die erste ökologische Krise im Harz.
Und wieder besann man sich auf die anspruchslose, schnell wachsende Fichte, die mit den sauren Harzböden gut zurechtkommt. Von 1740 bis etwa 1800 wurde sie bis zum Harzrand angebaut. Aus dieser Zeit stammen die dunklen Fichtenforste mit ihren reichen Holzerträgen, aber verarmter Flora und Fauna. Mit der starken Ausbreitung der Fichte verkehrte sich die landschaftsökologische Tat der Forstleute im Zuge der geregelten Forstwirtschaft in ihr Gegenteil: Fichtengeneration folgte auf Fichtengeneration, auch an Stellen, die für Buche, Eiche und Esche geeigneter gewesen wären.
Wo hatte die Fichte im Harz aber ihre natürlichen Vorkommen?
Es waren die Höhenlagen über 750 m und die kalten Harztäler, wo sie sich auf natürliche Weise optimal entwickeln konnte und wie an den Brockenhängen auch Urwälder bildete. Hier gestaltet sie ihren Lebensraum selbst, klammert sich zwischen den Felsen fest und sammelt dicke Humusschichten an, auf denen wieder neue Fichten keimen können. Am Brocken stellt die Fichte auch die Baumgrenze dar und trotzt hier Sturm, Eis und Rauhreifbehängen.
Auf dem Brocken müssen die Fichten extremen Witterungseinflüssen widerstehen.
Wie stehen wir heute zur Fichte?
Für die Holzindustrie ist sie nach wie vor der beliebteste und wichtigste Baum, ökologisch aber durch den Klimawandel zunehmend bedenklich. Temperaturerhöhungen und der Mangel an Niederschlägen im Frühjahr fördern den Borkenkäfer, der immer wieder Massenvermehrungen entwickelt und selbst die uralten Fichten am Brocken dahin rafft.
In den Wirtschaftsforsten, aber auch in der Entwicklungszone des Nationalparks werden Fichtenforste mit Buchen unterpflanzt und auf diese Weise der Wald auf eine Zukunft im Klimawandel vorbereitet. In den Höhenlagen über 850 m wird die Fichte aber nach wie vor ihre Bedeutung behalten, möglicherweise jetzt nicht mehr so alt werden. Diese Bereiche liegen im Harz ausschließlich im Nationalpark, sind aber durch bequeme Wanderwege gut erschlossen, sodass jeder Wanderer die weitere Entwicklung der Fichte unmittelbar miterleben kann. Störend wirkt dabei derzeit vorübergehend die Verkehrssicherung, daher das Abschneiden der trockenen alten Fichten. Aber in dieser Wildnis wächst bereits die neue Fichtengeneration auf.