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Streuobstwiesen und -äcker


Streuobstwiese an der Teufelsmauer bei Neinstedt

Experten nennen sie "Paradiese der Artenvielfalt". Sie verkörpern das Sinnbild einer ästhetischen Landschaft. Hochstämmige Obstbäume, die „verstreut“ auf Wiesen, Weiden aber auch Äckern zur Eigenversorgung vor allem mit Äpfeln, Birnen, Kirschen oder Pflaumen angepflanzt wurden. Sie erlaubten eine gleichzeitige landwirtschaftliche Mehrfachnutzung des vorhandenen Landes. Sachsen-Anhalt ist eine der wenigen Regionen Deutschlands, wo es Streuobst auch in Kombination mit Ackerbau gibt. Heute ist vor allem der ökologische Wert des Streuobstes herausragend. Über 3.600 Pflanzen, Tiere und Pilze leben in den Streuobstwiesen Sachsen-Anhalts. Grund genug für ihren Schutz. Aber auch die Vielfalt an regionalen Obstsorten ist ein unersetzbares kostbares Kulturgut.

Etwa 160 Apfelsorten gibt es in Sachsen-Anhalt

Etwas Geschichte

Die Nutzung von Obst zur menschlichen Ernährung hat eine lange Tradition. Schon in frühgeschichtlicher Zeit wurden alle essbaren Wildfrüchte gesammelt. Überliefert ist der Obstanbau aus den griechischen und römischen Hochkulturen. Die Römer brachten den Anbau von Kulturobst auch nach Mitteleuropa. Obst und Wein stammten aus Kleinasien und dem Kaukasus. Aber auch heimisches Wildobst wie der Holzapfel wurde weiter genutzt. Vor allem Mönche in den Klöstern setzten die Tradition des Obstanbaus im Mittelalter fort. So soll der Aprikosenanbau am Süßen See bei Eisleben auf Mönche zurückgehen. Obstdiebstahl war im Mittelalter kein Kavaliersdelikt. Durch viele Landesfürsten wurde der Obstanbau,  insbesondere nach dem 30jährigen Krieg, gefördert. So gab es eine Anordnung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm aus dem Jahr 1686, die vorschrieb, dass bei jeder Eheschließung 6 Obstbäume gepflanzt werden mussten. Der Obstanbau diente aber weiterhin vorrangig der Selbstversorgung.
Aufschwung für den professionellen Obstanbau gab es ab der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Initiativen dafür kamen vor allem aus dem anhaltischen Dessau unter Fürst Leopold Friedrich Franz. Neben ökonomischen Erwägungen spielten auch Aspekte der Landverschönerung eine große Rolle. Es entstanden Obstpflanzungen in Gärten, auf Feldern, Wiesen und entlang von Wegen, Straßen und Gräben.

                

Ab 1850 wurde Obst vor allem in landwirtschaftlichen Betrieben erzeugt. Das Besondere daran war, dass Obstbau und Landwirtschaft auf der gleichen Fläche parallel umgesetzt wurden. Hochstammobst wurde systematisch nicht nur auf Wiesen sondern auch auf Äcker gepflanzt. Eine weitere besondere Form des Obstanbaus waren Obstalleen an Wegen, der Straßenobstanbau. Diese Anpflanzungsformen sind die Grundlage des heutigen Streuobstanbaus, einem Begriff, der vor etwa 80 Jahren geprägt wurde.

Fakten zum Streuobst

    Deutschland

  • Fläche Streuobstbau
    2020: 250.000 bis 300.000 Hektar
    1951: 1,5 Mio Hektar

     
  • es gibt über 6.000 verschiedene Obstsorten
     
  • Streuobstwiesen zählen zu den gefährdeten Biotoptypen
     
  • gesetzlichen Schutz gibt es nur in         7 Bundesländern     

     Sachsen-Anhalt

  • Fläche: aktuell etwa 3.500 Hektar Streuobstwiesen
  • in den Streuobstwiesen wurden 3.627 Pflanzen-, Tier- und Pilzarten nachgewiesen
  • davon stehen
    • 14 % auf der Roten Liste Sachsen-Anhalts (522 Arten)
    • 10 %  auf der Roten Liste Deutschlands (363 Arten)
  • genetische Ressourcen derzeit
    • 161 Apfelsorten
    • 44 Birnensorten
  • Streuobstwiesen sind gesetzlich geschützte Biotope (§22 LNatSchG)
  • Obstalleen und Baumreihen sind als Alleen gesetzlich geschützt

Gefährdungsursachen

  • Brachfallen von Flächen
  • Bebauung (Siedlung, Verkehr)
  • Rodung
  • Intensivierung der Nutzung
  • Umwandlung in Ziergärten

Was brauchen Streuobstwiesen für ihren Schutz?

Die Antwort ist kurz:
Nutzung nach historischem Vorbild, kombiniert mit modernen Bewirtschaftungsmethoden und cleveren Vermarktungsstrategien.

Regionale Beispiele für Streuobstbewirtschaftung:

Dr. Bosse - Traditionsobst (Link)

Literatur:

Viel mehr detaillierte Informationen zum Thema Streuobstwiesen gibt es in  Heft 2/ 2019 des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Es ist auch als pdf-Dokument verfügbar.

Untersuchungen zu den Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt (Bericht LAU 2019 Heft 2) pdf (37,4 MB) oder

https://lau.sachsen-anhalt.de/wir-ueber-uns-publikationen/fachpublikationen/berichte-des-lau/

Eine Broschüre des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt stellt die aktuellen finanziellen Fördermöglichkeiten für Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt mit Stand vom Oktober 2020 dar.

Förderleitfaden für Streuobstwiesen (MULE Sachsen-Anhalt, Broschüre als pdf, 8,6 MB)

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Gern können Sie uns anrufen oder schreiben.

Telefon: +49 039459-71607         Email (Kontaktformular)


 

Quellen:

  • Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Heft 2/ 2019: "Untersuchungen zu den Arten der Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt" (Schuboth, Jörg und Krummhaar, Birgit)
  • Streuobsttagung 17.10.2020 LAU/ LLG Halle/ Saale


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